Typologie der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten– ein Versuch

Die Gewissenhaften

  • … haben immer alle Hausaufgaben perfekt gemacht.
  • … haben für jedes Fach ein eigenes Mäppchen, fein säuberlich beschriftet.
  • … sind im Unterricht eher ruhig.
  • … äussern oft richtige Antworten, aber eher langweilige, banale.
  • … fragen immer im Voraus, wie lang ein Text sein muss.
  • … sagen lieber nichts, als möglicherweise etwas Falsches.
  • … lernen sehr gut auswendig.
  • … kommen von sich aus auf keine Idee.
  • … nehmen schon in der Probezeit mehrere Tutorate.
  • … Die Gedopten versuchen den Stoff «vorzuholen».
  • … fragen vor jeder Prüfung nach den Lernzielen.
  • … wollen eine klare Einteilung von der Lehrperson (Ja oder Nein). Ein «kommt drauf an» verunsichert sie.
  • … verstehen die zentralen Fragestellungen nicht.
  • … haben Mühe, Antworten selber einzuordnen.

Die Chaoten

  • … finden alles irgendwie spannend.
  • … sind immer die Letzten beim Rausgehen.
  • … haben keine Ahnung, was sich alles in ihrem Thek befindet.
  • … finden ihre Hausaufgaben selten.
  • … sprechen über das Läuten hinweg.
  • … haben meistens formale Schwächen.
  • … sind sehr originell und kreativ.
  • … werden bei den Prüfungen nicht fertig.
  • … haben Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen.

Die easy Chilligen

  • … hatten in der Primarschule ohne viel Aufwand gute Noten.
  • … sind mit Minimallösungen zufrieden.
  • … wenn ihnen die Lösung nicht innerhalb von zwei Sekunden einfällt, dann denken sie auch nicht mehr darüber nach.
  • … verlassen sich auf ihr Talent und ihre Intelligenz.
  • … können gut reden.

Die glücklichen Gymnasiast*innen

  • … können sich selber motivieren.
  • … gehen sehr gern zur Schule.
  • … haben Fragen im Kopf.
  • … springen auf intellektuelles Futter an.
  • … können Niederlagen, schlechte Noten wegstecken.
  • … wissen, wo ihre Schwächen liegen.
  • … können Kritik annehmen und sie umsetzen.
  • … sind nicht perfektionistisch.
  • … haben eine gesunde Distanz zur Schule.
  • … wollen von sich aus mehr über unsere Welt wissen.
  • … finden an jedem Fach etwas Spannendes.
  • … erkennen, wann etwas wichtig ist und wann nicht.
  • … können sich in Gruppen arrangieren oder, wenn nötig, durchsetzen.
  • … lassen sich nicht zu stark von anderen beeinflussen.
  • … sind bereit, ihre Zukunft aktiv zu gestalten.
  • … haben Biss und eine gewisse Robustheit (Resilienz).

Ein paar Zitate aus der Probezeit bringen auf den Punkt, was im gymnasialen Unterricht auf die Jugendlichen zukommt:

Ein Gymnasiast fragt: «Warum sind Barockgedichte so komisch geschrieben?»

Jemand, der eher Mühe mit dem Gymnasium hat, fragt: «Wieso muss ich dieses Barockgedicht lesen?»

Eine Gymnasiastin sagt: «Endlich kann ich im Deutschunterricht nicht nur immer Adjektive anstreichen, sondern wir haben gemerkt, dass Adjektive im Satz verschiedene Funktionen übernehmen. Und warum gibt es im Englischen eine eigene Adverbendung und im Deutschen nicht? (Er singt schön. He sings beautifully.) Wieso? Das ist ja unlogisch!»

Jemand, der eher Mühe mit dem Gymnasium hat, fragt: «Kann ich nicht einfach diese Adverbtabelle auswendig lernen?»

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